Viktoria Rebensburg im Interview zum Abfahrtssieg von Emma Aicher in Kvitfjell: "Der Kreis hat sich geschlossen"
Emma Aicher gehört seit Samstag zum Kreis deutscher Weltcupsieger/innen im Ski alpin. Die 21-Jährige löste mit ihrem Triumph in Kvitfjell Eurosport-Expertin Viktoria Rebensburg als letzte deutsche Abfahrtssiegerin ab. Im Interview erklärt die Olympiasiegerin, wieso es höchste Zeit dafür wurde und wie sich Aicher in Zukunft noch verbessern kann. Außerdem sieht sie den DSV auf einem guten Weg.
Rebensburg analysiert Aichers Siegfahrt: "Zeit ist es geworden!"
Quelle: Eurosport
"Mega, wie sie das runtergebracht hat. Sie hat ihren Plan so cool abgespult, Wahnsinn", kommentierte Viktoria Rebensburg den Abfahrtssieg von Emma Aicher am Wochenende in Norwegen live bei Eurosport.
Die Riesenslalom-Olympiasiegerin von 2010 war zuvor die letzte Deutsche gewesen, die eine Weltcup-Abfahrt gewinnen konnte - 2020 in Garmisch-Partenkirchen. "Zeit ist es geworden, dass da endlich mal wieder jemand vorne reinfährt", findet Rebensburg: "Eine richtig tolle Sache."
Im Interview mit Eurosport lässt Rebensburg Aichers Sahne-Wochenende nochmal Revue passieren und ordnet den Erfolg ein.
Außerdem verrät sie, wie der Weg für die 21-Jährige nun weitergehen könnte und blickt generell nach den Nachwuchserfolgen des Wochenendes hoffnungsvoll in die Zukunft des Deutschen Skiverbandes (DSV) bei den Alpinen.
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Viktoria Rebensburg ist für Eurosport als Expertin und Co-Kommentatorin aktiv und berichtet auch vor Ort von Rennen des Alpinen Ski-Weltcups
Fotocredit: Getty Images
Viktoria Rebensburg, fünf Jahre nach Ihnen in Garmisch-Partenkirchen gewinnt mit Emma Aicher in Kvitfjell wieder eine deutsche Skifahrerin eine Weltcup-Abfahrt. Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?
Viktoria Rebensburg: Ich freue mich wirklich sehr, dass mal wieder eine Deutsche eine Abfahrt gewinnt. Fünf Jahre ist lang und da war es jetzt zum Glück so weit! Für mich war es in erster Linie eine großartige Geschichte, dass ich das Rennen kommentieren durfte. So schloss sich der Kreis. Vor der Saison hätte man eher auf Kira Weidle-Winkelmann getippt, aber Emma Aicher hat sich enorm entwickelt. Und die gute WM hat ihr den letzten Schub gegeben.
Sie hat die beeindruckende Fähigkeit, alles auszublenden: Sie wusste, dass sie in Saalbach und Kvitfjell die Geheimfavoritin war, hat aber trotzdem cool ihren Plan abgespult.
Was gab am Samstag den Ausschlag für Aicher?
Rebensburg: Emma bringt sehr gute Anlagen mit und das hat sie in Abschnitten immer wieder unter Beweis gestellt. Dass sie es im Rennen aber auch so cool abrufen kann, ist die Kunst. Sie war ganz klar und hatte ihren Plan im Kopf, welche Linie sie fahren wollte. Wie Emma das dann umgesetzt hat, war beeindruckend.
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Schneller als die gesamte Speed-Elite! Aicher siegt in Kvitfjell
Quelle: Eurosport
Aicher selbst war überrascht, sagte, dass sie ihren ersten Sieg eher im Slalom vermutet hätte. Kam Ihr die Strecke in Kvitfjell denn auch besonders entgegen?
Rebensburg: Ja, das ist eine schöne Abfahrt mit lang gezogenen Kurven, bei der Emma ihr wahnsinniges Feingefühl für die langen Radien perfekt ausspielen konnte. Sie weiß auch genau, wo es den Druck auf den Skiern braucht und wo nicht. Sie hat das Tempo perfekt mitgenommen. Diese Abfahrt war gut auf sie zugeschnitten.
Seit der WM scheint es bei Ihr 'Klick' gemacht zu haben. Was hat sich geändert?
Rebensburg: Erstens macht sie jetzt viel weniger Fehler. In der Vergangenheit ist ihr das öfter passiert, was für ihr Alter auch total normal ist. Man darf nicht vergessen: Sie war bei der Abfahrt nach der Schweizerin Malorie Blanc mit 21 Jahren die Zweitjüngste im Feld. Zweitens haben die Hänge in Saalbach und Kvitfjell von der Charakteristik her gut zu ihr gepasst. Drittens hat sie die beeindruckende Fähigkeit, alles auszublenden: Sie wusste, dass sie in Saalbach und Kvitfjell die Geheimfavoritin war, hat aber trotzdem cool ihren Plan abgespult. Sie ist in Kvitfjell in beiden Abfahrten fast die gleiche Zeit gefahren und dass, obwohl am Samstag die Sicht viel schlechter war. Das hat richtig Spaß gemacht, ihr zu zusehen.
Emma hat durchaus die Fähigkeiten, in mehreren Disziplinen Weltcuprennen zu gewinnen. Die Steuerung ist jedoch das Schwierige. Das war auch eine Erkenntnis der letzten Saison, in der sie vielleicht zu viele Rennen gefahren ist.
Was muss sie machen, damit das keine Eintagsfliege bleibt?
Rebensburg: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass Emma ihrem Typ treu bleibt. Dass sie ihre Lockerheit behält, diese 'Pfeif-mir-nix'-Mentalität mit dem berühmten Schulterzucken im Ziel. Das zeichnet ihren Charakter aus - und das macht sie auch unglaublich schnell. Emma soll ihren Weg weiter gehen und sich in Ruhe weiterentwickeln. Der nächste Schritt ist dann in Abfahrten, bei denen die Kurven stärker zu machen oder es mit höherem Tempo über Wellen geht, immer näher an die Weltspitze heranzukommen. Sie ist noch jung und da gibt es natürlich noch viele Dinge für sie zu lernen. Aber alles Schritt für Schritt.
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Aicher im Siegerinterview: "Ich hatte nicht damit gerechnet"
Quelle: Eurosport
Aicher hat in allen vier Disziplinen im Weltcup Top-15-Ergebnisse vorzuweisen. Kann Sie eine Allrounderin bleiben?
Rebensburg: Emma hat durchaus die Fähigkeiten, in mehreren Disziplinen Weltcuprennen zu gewinnen. Die Steuerung ist jedoch das Schwierige. Das war auch eine Erkenntnis der letzten Saison, in der sie vielleicht zu viele Rennen gefahren ist. Da bedarf es schon eines besonderen Fingerspitzengefühls: Dass man hier und da ein Speed-Event auslässt, um das Technik-Training nicht zu vernachlässigen. Sonst wird es dort schwer, das Niveau der Spezialisten zu halten.
Grundsätzlich ist das für den Verband eine tolle Geschichte; man sieht, es entwickelt sich etwas. Das darf man jetzt auch feiern und genießen.
Speed oder Technik - wo geht der Weg für Aicher hin?
Rebensburg: Das wird man sehen, wie sie sich entwickelt. Es kostet ja auch körperlich Substanz. Emma ist noch sehr jung und mag es jeden Tag skizufahren. Das ist natürlich eine super Basis. Aber die Frische in Kopf und Körper zu behalten, ist eine große Herausforderung.
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Zu viele Fehler: Aicher fährt im Super-G am Tor vorbei
Quelle: Eurosport
Neben Aichers Abfahrtssieg sorgten am Wochenende auch die DSV-Junioren Felix Rösle und Benno Brandis mit WM-Siegen in Abfahrt und Super-G für Furore.
Rebensburg: Andreas Ertl (Sportlicher Leiter Alpin, Anm. d. Red.) hatte vor der Saison schon angedeutet, dass jetzt gewisse Jahrgänge im DSV kommen, die in ihrem Jahrgang in der Weltspitze vertreten sind. Die Zeit bis dahin zu überbrücken, ist die Herausforderung. Grundsätzlich ist das für den Verband eine tolle Geschichte; man sieht, es entwickelt sich etwas. Das darf man auch feiern und genießen. Dennoch heißt es aber auch Ruhe bewahren und konzentriert weiterarbeiten, denn die Karriere der beiden geht jetzt hoffentlich erst richtig los. (lacht)
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Sweet 16! Aicher feiert ersten Weltcuptriumph bei Siegerehrung
Quelle: Eurosport
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