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Australian Open: Daniil Medvedev zieht alle Register - wie der Bad Boy die Konkurrenz überlistet

Tobias Laure

Update 29/01/2022 um 17:55 GMT+1 Uhr

Daniil Medvedev hat sich ins Finale der Australian Open gekämpft. Überrascht hat das niemand, der 25-Jährige galt schon vor Turnierbeginn als Favorit. Und doch rieb sich die Szene verwundert die Augen ob der vielen Provokationen und Ausraster, die Medvedevs Weg begleiteten. Gewohnt war man in dieser Hinsicht einiges vom US-Open-Champion, doch in Melbourne setzte er noch einen drauf. Mindestens.

Daniil Medvedev bei den Australian Open

Fotocredit: Imago

Was soll man nur von diesem Daniil Medvedev halten?
Der 25-Jährige ist ohne jeden Zweifel einer der besten Spieler der Welt, für viele Experten ist er sogar der beste. Es ist beeindruckend, wie sich der Moskowiter selbst in brenzligen Situationen und an schlechteren Tagen mit seiner Klasse und Spielintelligenz behauptet.
So geschehen im Viertelfinale, als er gegen Félix Auger-Aliassime einen Matchball abwehrte und 6:7 (4:7), 3:6, 7:6 (7:2), 7:5, 6:4 gewann. Wenige Minuten später teilte er dem Publikum im On-Court-Interview süffisant mit, er habe sich überlegt, was wohl der aus Australien ausgewiesene Novak Djokovic bei einem solche Rückstand getan hätte.
Das folgende Raunen nahm Medvedev wie einen warmen Regen entgegen.

Medvedev tickt aus: "Mein Gott, du bist so schlecht"

Im Halbfinale gegen Stefanos Tsitsipas beließ es der 25-Jährige dann aber nicht bei eher harmlosen Provokationen, sondern wurde beleidigend.
"Bist du verrückt? Sein Vater spricht bei jedem Punkt rein. Bist du dumm? Wirst du jetzt meine Frage beantworten?", brüllte er Stuhlschiedsrichter Jaume Campistol an, der seiner Meinung nach längst eine Verwarnung wegen unerlaubten Coachings gegen Tsitsipas hätte aussprechen müssen.
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"Bist du dumm?!" Medvedev verliert komplett die Fassung

Und es ging noch weiter: "Mein Gott, du bist so schlecht. Wie kannst du im Halbfinale eines Grand Slams so schlecht sein? Schau mich an, ich rede mit dir", fuhr Medvedev den Unparteiischen an. "So spricht man nicht mit Menschen", kritisierte Eurosport-Experte Boris Becker völlig zurecht. Immerhin entschuldigte sich der Gescholtene nach der Partie beim Referee und sprach im Hinblick auf seinen Ausraster von "einem großen Fehler".
Campistol bedachte Medvedev nur mit einer Verwarnung aufgrund einer obszönen Geste, blieb ansonsten trotz aller Beleidigungen aber ruhig. Bleibt die Frage, wann es ernsthafte Konsequenzen gibt?

"Was zur Hölle sagt dieser Medvedev da?"

Das Besondere bei Medvedev: Er schafft es fast immer, nach solchen Ablenkungen den Fokus und sein spielerisches Niveau wiederzufinden. Die Pyschospielchen und das Eröffnen meist unnötiger Nebenkriegsschauplätze gehört einfach zur Klaviatur, auf der der Russe spielt.
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Becker analysiert Eklat: "Medvedev hat wunden Punkt getroffen"

Im Achtelfinale gegen Maxime Cressy polterte er ebenfalls wild drauf los, beschwerte sich über den Umgang mit der Shot Clock oder der Tatsache, dass er nicht auf die Toilette durfte. "Für wen sind die Regeln?", blaffte Medvedev und verriet danach ganz unverblümt, dass er das Theater nur aus strategischen Gründen abgezogen habe.
"Ich habe einfach irgendetwas gesagt, um ein wenig in seinen Kopf zu kommen. Es ging darum, dass er sich fragt: 'Was zur Hölle sagt dieser Medvedev da?' Ich dachte, vielleicht verschlägt er dann ein paar Bälle."
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Halbfinale: Medvedev tobt und stoppt Tsitsipas - Highlights

Dass diese Taktik bei der Konkurrenz nicht gut ankommt, ist klar. Aus Sicht von Medvedev ist das aber das Problem der anderen. "Einige Spieler verstehen nicht, warum ich so bin. Ich mache ja manchmal schlechte Dinge auf dem Platz, aber sie können nicht zwischen dem Tennis-Leben und dem normalen Leben unterscheiden", erläuterte der Tennisstar einst bei Eurosport.
Ob die Fans das können, ist ebenfalls fraglich. Das hinderte Medvedev freilich nicht daran, auch gegen die Besucher im Melbourne Park auszuteilen. Beim Zweitrundenerfolg gegen Nick Kyrgios gab es immer wieder Pfiffe gegen die Nummer zwei der Welt.

Medvedev unterstellt Publikum niedrigen IQ

Anschließend stellte Medvedev im Exklusiv-Interview mit Eurosport die Vermutung auf, dass "diejenigen, die gebuht haben, wohl einen niedrigen IQ" hätten.
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"Niedriger IQ!" Medvedev beleidigt zwischenrufende Zuschauer

Nur zwei Tage später schaltete der US-Open-Sieger dann in den Kuschelmodus. "Jede gute Beziehung braucht ihre Aufs und Abs. Ich finde das gut. Es ist unterhaltsam - und echt. Das ist nicht so ein: 'Hallo Leute und auf Wiedersehen.' Da entsteht eine Art Beziehung", teilte der "Bad Boy" nach seinem Erfolg gegen Botic van de Zandschulp den verdutzten Zuschauern mit.

Was passiert im Finale gegen Nadal?

Das System Medvedev funktioniert, sonst stünde der Weltranglistenzweite jetzt nicht im Endspiel gegen Rafael Nadal (Sonntag ab 9:30 Uhr live im TV bei Eurosport 1 und im Liveticker). Der 20-fache Grand-Slam-Champion ist in etwa das Gegenteil von Medvedev, wenn es um das Verhalten auf dem Platz geht.
"Rafa sagt auch nach dem Match die richtigen Sachen. Das kann man von Daniil nicht behaupten, der sehr ehrlich ist - und das ist nicht immer gut", erklärte Becker, sagte aber auch: "Daniil hat sich hier ein paar Herzen verdient."
Und vielleicht kommt der Titel ja noch dazu ...
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Halbfinale: Medvedev tobt und stoppt Tsitsipas - Highlights

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