Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

French Open - Boris Becker im Interview: Darum hat Alexander Zverev gegen Rafael Nadal in Runde eins die besseren Karten

Fabian Kunze

Update 24/05/2024 um 20:51 GMT+2 Uhr

Boris Becker blickt im Interview mit Eurosport.de voller Vorfreude und vor allem gespannt auf das Erstrundenduell zwischen Alexander Zverev und Rafael Nadal bei den French Open (live bei Eurosport). Der ehemalige Grand-Slam-Sieger nimmt die psychische Komponente unter die Lupe. Becker sagt: Wenn es Zverev gelingt, das Duell am Montag "nüchtern und emotionslos zu sehen", habe er gute Karten.

Zverev reagiert auf Nadal-Los: "Dachte, es ist ein Scherz"

Boris Becker wollte erst "gar nicht glauben", was die Auslosung in Roland-Garros da ausgespuckt hatte. Alexander Zverev gegen Rafael Nadal, in Runde eins - ein echter Hammer.
Tatsächlich sei das schwere Los für den Hamburger aber "eine Chance, da weiterzumachen, wo er 2022 bei seiner Verletzung aufgehört" habe.
Damit spielt Becker, der die French Open 2024 als TV-Experte für Eurosport begleitet, auf das Halbfinale von vor zwei Jahren an. Zverev lieferte Nadal damals einen Riesenfight, ehe er umknickte und die Partie abbrechen musste.
Inzwischen haben sich die Vorzeichen geändert. Der Superstar aus Spanien ist nach langen Verletzungspausen weit entfernt von alter Stärke, Zverev kommt als frischgebackener Rom-Champion nach Paris. "Mein Tipp an Sascha wäre: spiele gegen den Spieler und nicht gegen den Mythos", sagt Becker.
Da der 27-Jährige physisch im Vorteil sei, dürfe er sich in einem "höchstemotionalen, brisanten Spiel" nicht von der Atmosphäre mitreißen lassen. "Er hat jetzt noch ein paar Tage Zeit, sich da mental drauf einzustellen, um das so nüchtern und emotionslos zu sehen, wie ich es beschrieben habe", erklärt Becker im Interview mit Eurosport.de.
Die Auslosung in Paris war ein Knaller. Was war Ihr erster Gedanke, als klar war, dass Alexander Zverev gegen Rafael Nadal ins Turnier startet?
Boris Becker: Ich habe das erst einmal nicht geglaubt und gedacht, dass da jemandem ein Fehler unterlaufen ist. Erst dann wurde mir klar, dass Nadal in diesem Jahr nicht gesetzt ist. Somit war es logisch. Zunächst dachte ich aber tatsächlich, dass beide auf der Setzliste stehen - weil man es einfach gewohnt ist, dass Rafa in Paris an Position eins oder zwei gesetzt war.
picture

Hammerlos in der ersten Runde: Hier bekommt Zverev Nadal zugelost

Hätten Sie es gerne gesehen, wenn Nadal auch in diesem Jahr mit einer Ausnahmeregelung gesetzt worden wäre?
Becker: Es ist einfach die Regel. Wimbledon macht da eine Ausnahme und setzt Rasenspieler höher als Sandplatzspieler. Aber selbst das hat in den vergangenen Jahren nachgelassen. Bei den anderen drei Grand Slams wird strikt nach der Weltrangliste gegangen, was eigentlich auch fair ist.
Es sind sich alle Experten einig, dass das vor zwei Jahren wohl der beste Sascha Zverev war, den wir je erlebt haben. Jetzt hat er die Chance, dies weiterzuführen.
Es scheint sich die Sichtweise durchzusetzen, dass Zverev die besseren Karten hat im Duell mit Nadal. Zustimmung Ihrerseits?
Becker: Ja, ich stimme zu. Ich glaube, es ist eine Chance für Sascha, da weiterzumachen, wo er 2022 bei seiner Verletzung aufgehört hat. Klar, er tritt gegen den 14-maligen Champion von Roland-Garros an, aber Nadal ist nicht mehr derselbe wie noch vor zwei Jahren. Sascha wiederum hat sein Comeback mit dem Halbfinale in Paris in der vergangenen Saison eingeläutet und spielt seitdem wie einer, der unter die Top 5 gehört. Jetzt hat er die Möglichkeit, mit erfolgreichen French Open noch weiter nach oben zu kommen. Auf diesem Weg wurde er damals just im Match gegen Nadal gestoppt. Ich spreche jetzt aber nicht von Revanche, weil die Verletzung nicht an Nadal lag. Aber: Sascha war damals die Nummer zwei der Welt und in dem Match sah es sehr gut aus. Es sind sich alle Experten einig, dass das vor zwei Jahren wohl der beste Sascha Zverev war, den wir je erlebt haben. Jetzt hat er die Chance, dies weiterzuführen.
Durch die Vorgeschichte mit dem Halbfinale von 2022 mit dem Verletzungsabbruch durch Zverev bekommt das Match eine besondere Note. Inwiefern spielt dieser Faktor eine Rolle?
Becker: Da werden beide noch dran denken, wobei sowohl für Nadal als auch für Zverev in diesen zwei Jahren viel passiert ist. Sascha muss bei sich bleiben und er darf sich emotional nicht zu sehr mit der Vergangenheit beschäftigen. Es geht draum, im Hier und Jetzt zu sein und entsprechend zu spielen. Er hat Rom gewonnen und Nadal eben nicht. Das ist der Status quo, so muss er ins Spiel gehen.
picture

Das bittere Aus! Zverev knickt gegen Nadal fies um und muss aufgeben

Zverev könnte derjenige sein, der Nadals Ära in Roland-Garros beendet, insofern er 2025 nicht noch einmal antritt. Die Fans werden klar hinter Nadal stehen - wie sehr erschwert das die Aufgabe für den Olympiasieger aus Hamburg?
Becker: Rafa ist der König von Paris und die Fans werden hinter ihm stehen. Das heißt aber nicht, dass sie gegen Sascha sind. Er hat auch Sympathien auf seiner Seite. Aber klar, wenn man auf Philippe-Chatrier gegen Nadal spielt, kann man davon ausgehen, dass die Mehrheit auf dessen Seite sein wird. Das kann Sascha nicht ändern, sondern nur mit einer guten Leistung beantworten - und schlussendlich mit dem Sieg. Es wird ein höchstemotionales, brisantes Spiel, bei dem die gesamte Tenniswelt live dabei sein wird.
Daher halte ich zu Sascha und hoffe, dass er in einem tollen Match als Sieger vom Platz geht und Rafa auf diese Weise aber noch einmal eine große Bühne geboten wird.
Glauben Sie, dass es bei einer Niederlage wirklich das letzte Match für Nadal bei den French Open gewesen ist?
Becker: Es wird ja überall spekuliert, wie lange Rafa noch spielt. Ich persönlich habe da meine Zweifel, aber auf der anderen Seite natürlich einen unglaublichen Respekt vor der Lebensleistung von Rafael Nadal. Wie er Tennis gespielt und triumphiert hat, hat das keiner gemacht. Man sagt das immer so dahin: Er hat 14 Mal die French Open gewonnen. Wenn man das mal langsam ausspricht: Er hat 14 Mal Roland-Garros gewonnen - das geht nicht! Das ist unmöglich. Dass er immer noch spielt und weiterhin nicht zu unterschätzen ist, das ist unglaublich. Meinen größten Respekt!
picture

Euphorische Begrüßung: Nadal kehrt nach Roland-Garros zurück

Als Eurosport-Experte sind Sie neutraler Beobachter der Partie, aber Hand aufs Herz: Sie müssen doch ein Wunschszenario für den Ausgang dieses Matches haben?
Becker: Natürlich habe ich einen deutschen Pass und keinen spanischen. Daher halte ich zu Sascha und hoffe, dass er in einem tollen Match als Sieger vom Platz geht und Rafa auf diese Weise aber noch einmal eine große Bühne geboten wird.
Es heißt oft, die Big 3 mit Nadal, Djokovic und früher Federer sind im Best-of-five-Modus im Vorteil. Gilt dieser Grundsatz bei Nadal noch immer, auch wenn er körperlich und spielerisch nicht mehr der Alte ist?
Becker: Grundsätzlich hat ein besserer Spieler über drei Gewinnsätze eine höhere Chance, ein Match umzudrehen. Das kann bei zwei Gewinnsätzen sonst auch mal schnell vorbei sein. Das ist einer der Gründe, warum Nadal in Paris so oft gewonnen hat. Aber das ist die Vergangenheit. Wir müssen vielmehr aktuell schauen, wo Nadal und Zverev heute stehen. Rafa hat sein bis dato letztes Grand-Slam-Match 2023 in Melbourne bestritten - jetzt haben wir Paris 2024. Sascha hat die Grand-Slams seit Paris 2023 - auch mit dem Halbfinale in Melbourne im Januar - sehr gut bestritten. Er ist körperlich wie spielerisch in einer Topverfassung. Das weiß man bei Nadal noch nicht ganz genau. Mein Tipp an Zverev wäre: Spiele gegen den Spieler und nicht gegen den Mythos!
Schwierig, wenn bei der Begrüßung die Erfolge vorgelesen werden und das bei Nadal ein bisschen länger dauert als bei Zverev.
Wie macht man das im Kopf?
Becker: Dabei werden ihm der Vater und der Bruder helfen. Es ist ganz wichtig, dass man den aktuellen Nadal von heute als Gegner hat - einen 37 Jahren alten Spanier aus Mallorca. Sascha hingegen ist 27 Jahre jung und der amtierende Sieger von Rom. So emotionslos muss man das sehen. Ist das möglich? Schwierig, gerade wenn bei der Begrüßung die Erfolge vorgelesen werden und das bei Nadal ein bisschen länger dauert als bei Zverev. Er hat aber jetzt noch ein paar Tage Zeit, sich da mental drauf einzustellen, um das so nüchtern und emotionslos zu sehen, wie ich es beschrieben habe.
Generell scheinen diese French Open offen denn je. Trauen Sie sich einen Tipp auf den Turniersieger zu?
Becker: Das traue ich mir nicht zu, denn möglicherweise sind das die French Open, die keinen klaren Turnierfavoriten haben. Das gab es lange nicht mehr. In der Regel würde ich auf den Vorjahressieger tippen - das wäre Novak Djokovic - oder aus der Geschichte heraus immer auf Nadal. Aber die Geschichte ist Vergangenheit. Man muss schauen, wo die Spieler in diesem Jahr waren und wer die großen Sandplatzturniere für sich entschieden hat. Das sind Stefanos Tsitsipas, Andrey Rublev, Casper Ruud, Zverev - und eben nicht Djokovic und Nadal. Das sind die Fakten. Hinzu kommt, dass Alcaraz und Sinner mit Verletzungssorgen ins Turnier gehen und man auf Sand nicht vertuschen kann, wenn man leicht angeschlagen ist. Spätestens in der zweiten Woche wird zum Tragen kommen, wie fit man noch ist. Daher gibt es in diesem Jahr möglicherweise einen Überraschungssieger.
Das könnte Dich ebenfalls interessieren: 145 Stunden Action - French Open live bei Eurosport

Die French Open 2024 live bei discovery+

Roland-Garros 2024 bei discovery+ | Diese Vorteile hast Du, wenn Du ein Abo ab 3,99 Euro pro Monat abschließt:
  • Alle Spiele der French Open live und auf Abruf inklusive der Junioren-Konkurrenzen und Rollstuhl-Wettbewerbe
  • Alle Matches auf den beiden großen Courts Philippe-Chatrier und Suzanne-Lenglen mit deutschem Kommentar und ohne Unterbrechung
  • Die komplette Eurosport-Berichterstattung mit Boris Becker, Barbara Rittner und weiteren Top-Experten
  • Timeline Marker: Schneller Zugriff auf die wichtigsten Momente und Ballwechsel durch Markierungen in den Streams der großen Matches

picture

Wie alles begann: Nadal und sein erster Titel 2005


Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung