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Wimbledon - Favoritencheck: Djokovic, Nadal, Berrettini - und plötzlich taucht der Name Kyrgios auf

Tobias Laure

Update 25/06/2022 um 09:32 GMT+2 Uhr

Wimbledon muss in diesem Jahr unter veränderten Vorzeichen über die Bühne gehen. Über den Ausschluss russischer und belarussischer Profis wurde ebenso kontrovers debattiert wie über die daraus resultierende Reaktion von ATP und WTA, im All England Club keine Rankingpunkte zu vergeben. Neu ist aber auch die Zusammensetzung der Favoritenliste. Der schillerndste Name darauf: Nick Kyrgios.

Nick Kyrgios gehört in Wimbledon zu den Geheimfavoriten

Fotocredit: Getty Images

Kann einer in Wimbledon zu den Favoriten gehören, der noch kein Finale auf Rasen erreicht hat, der nie über ein Grand-Slam-Viertelfinale hinauskam, der bislang nicht in den Top Ten der Welt zu finden war und der sich überdies mit regelmäßigen Eklats selbst im Weg steht?
Ja.
In diesem Jahr sieht es so aus, als ob mit Nick Kyrgios auf dem heiligen Rasen des All England Lawn Tennis and Croquet Club zu rechnen ist. Dass der Australier vor Kurzem im Gespräch mit dem "Sydney Morning Herald" bei der Frage nach dem derzeit besten Rasenspieler auf sich selbst verwies, mag ein Scherz gewesen sein.
Ernst nehmen muss man Kyrgios aber zweifellos. "Nick bringt die Qualitäten mit, die es auf dem Belag braucht. Er hat einen Riesenaufschlag, mag die kurzen Ballwechsel", umreißt Ex-Profi Tommy Haas im Exklusiv-Interview mit Eurosport.de die Stärken des 27-Jährigen auf Rasen. Der Weltranglisten-38. gehe beim Klassiker als "Dark Horse" ins Rennen.

"Kyrgios ein großartiger Spieler, wenn ..."

Einzige Sorge: Beim Vorbereitungsturnier auf Mallorca erlitt Kyrgios eine Bauchmuskelverletzung und brach das Turnier vorsichtshalber ab. Was der umstrittene Tennisstar bis dahin gezeigt hatte, war aller Ehren wert. In Stuttgart und Halle erreichte er jeweils das Halbfinale, ehe er an den beiden Rasenspezialisten Andy Murray und Hubert Hurkacz scheiterte.
Wer gewinnt Wimbledon?
Auf Mallorca, konstatierte Turnierdirektor Toni Nadal, habe Kyrgios einmal mehr "gezeigt, dass er, wenn er will, ein großartiger Spieler ist". Das Wörtchen "wenn" ist bedeutsam - und wird darüber entscheiden, ob Kyrgios in Wimbledon tatsächlich die große Rolle spielt, die ihm sein Talent ohne Weiteres ermöglichen würde. Dem Australier steht aber ein schwerer Gang bevor. Schon in Runde drei droht ein Duell mit Stefanos Tsitsipas, im Viertelfinale mit Matteo Berrettini.
Vom Typ her ganz anders, von den Chancen her aber mindestens genau so hoch einzuschätzen, ist Hurkacz.

Kyrgios lobt Hurkcaz: "Hell of a player"

Der Pole stand bereits im Vorjahr im Halbfinale von Wimbledon und untermauerte seine Ansprüche mit dem Turniersieg von Halle vor einer Woche.
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Finale: Hurkacz-Show in Halle - Medvedev ohne Chance

Es war ausgerechnet Kyrgios, der nach seiner dortigen Niederlage gegen den 25-Jährigen ins oberste Regal der Lob-Palette griff. "He's a hell of a player", staunte der Australier. Hurkacz verfüge über einen "unglaublichen Aufschlag" und sei so gut wie nicht einzuschätzen.
Im Fahrwasser der überragenden Leistungen und Erfolge seiner Landsfrau Iga Swiatek hat sich der Weltranglistenzehnte in Position gebracht, um ebenfalls zum großen Schlag bei einem Grand-Slam-Wettbewerb auszuholen.

Berrettini: Gesamtpaket ist titelwürdig

Das gilt ebenso für Berrettini, der in der Vorbereitung die Events in Stuttgart und im Londoner Queen's Club gewann. Er sehe ihn "fast in Bestform", stellt Eurosport-Experte Àlex Corretja klar. "Matteo ist aggressiv, lächelt auf und neben dem Platz - und natürlich fährt er im Wissen nach Wimbledon, dass er letztes Jahr im Finale stand und dort gegen Novak Djokovic einen Satz holte."
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Nächster Rasen-Erfolg! Berrettini schafft Titelverteidigung

Freilich hat die Nummer elf der Welt noch Luft nach oben. Auf der Rückhandseite habe dem Italiener bislang etwas gefehlt, sagt Corretja, "aber ich denke, auf Rasen kommt er mit der Situation sehr gut zurecht". Die Rückhand habe sich seiner Meinung nach verbessert, "die Vorhand und der Aufschlag sind enorm", analysiert der zweimalige French-Open-Finalist.
Hinzu komme eine gute Beinarbeit und immer der Mut, ans "Netz zu gehen und den Platz hervorragend abzudecken", führt Corretja aus. Das lässt nur einen Schluss zu: Der 26-Jährige hat in diesem Jahr das Paket zusammen, um den Titel zu holen.

Corretja: Dann wird Alcaraz gefährlich

Davon mag Carlos Alcaraz noch ein Stück entfernt sein, den 19-Jährigen auf Rasen aber außer Acht zu lassen, wäre ein Kardinalfehler. Der Shootingstar tritt erst zum zweiten Mal an der Church Road im Hauptfeld an - ist allerdings in keiner Weise mehr mit dem Spieler zu vergleichen, der er vor einem Jahr war. Damals war Alcaraz die Nummer 75 im ATP-Ranking und in Runde zwei gegen Daniil Medvedev chancenlos.
Was das für die Aussichten in diesem Jahr bedeutet? Alcaraz, der bereits im Viertelfinale auf Djokovic treffen könnte, ist in der Riege der erweiterten Favoriten so etwas wie die Wundertüte. Auf ein Vorbereitungsturnier verzichtete der Spanier, beim Show-Event Giorgio Armani Classic in London unterlag er Frances Tiafoe 4:6, 2:6. Darüber hinaus zeigten sich beim Weltranglistensiebten zuletzt Ellbogenprobleme.
Und dennoch: "Carlos teilt sich den Kalender im Stil der großen Champions ein, fokussiert sich auf die wichtigen Momente und hat sich jetzt eine Auszeit genommen", erklärt Corretja. Nun sei entscheidend, ob er "sein Selbstvertrauen zurückgewinnt, denn dann wird er gefährlich sein".

Über allen thront (noch) Djokovic

Von Casper Ruud, aktuell die Nummer fünf in der Weltrangliste, ist dies freilich nicht in selbem Maße zu erwarten. Anders als auf Sand, und mit Abstrichen auch auf Hartplatz, vermochte der Norweger auf Rasen bislang nicht zu überzeugen. 2021 scheiterte Ruud in Runde eins, beim einzigen Vorbereitungsturnier in diesem Jahr im Londoner Queen's Club setzte es eine Auftaktniederlage gegen Ryan Peniston, seines Zeichens die Nummer 180 der Rangliste.
So müssen die gar nicht mehr so geheimen Geheimfavoriten Kyrgios, Hurkacz, Berrettini und Alcaraz vor allem Titelverteidiger Novak Djokovic, Rekord-Grand-Slam-Champion Rafael Nadal und Tsitsipas stoppen, wenn es mit dem Grand-Slam-Coup klappen soll.
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