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Drei Dinge, die beim GP in Silverstone auffielen: Nur George Russell noch größer als Lewis Hamilton

Pascal Steinmann

Update 07/07/2022 um 16:32 GMT+2 Uhr

Was für ein Rennen in Silverstone! Nach dem Schock und der Erleichterung wegen des Horror-Crashs von Guanyu Zhou feierte Carlos Sainz den ersten Sieg seiner F1-Karriere. Held des Tages war aber ein Mercedes-Pilot: George Russell stoppte seinen Silberpfeil, um dem verunfallten Alfa-Romeo-Piloten zu helfen - und erinnerte damit an Ayrton Senna. Drei Dinge, die beim GP in Großbritannien auffielen.

George Russell stellte seinen Mercedes ab, um Guanyu Zhou zu helfen

Fotocredit: Imago

Überschattet wurde der Sonntag aber durch einen Horror-Crash von Guanyu Zhou kurz nach dem Start, den der Chinese zum Glück ohne große Verletzungen überstand.
Lewis Hamilton feierte derweil bei seinem Heimrennen seinen 13. Podestplatz in Großbritannien, während Mick Schumacher im Haas die ersten WM-Punkte der Karriere einfuhr.
Drei Dinge, die beim Rennen in Silverstone auffielen.

1.) Russell auf einer Stufe mit Ayrton Senna

Ayrton Senna gilt für viele als der beste Formel-1-Fahrer aller Zeiten. Drei Weltmeistertitel, 41 Rennsiege und 80 Podestplätze fuhr der Brasilianer ein, bevor er 1994 beim Großen Preis von Imola tödlich verunglückte.
Doch Senna blieb den Motorsportfans auch als einer der fairsten Sportler in der Geschichte der Königsklasse in Erinnerung. 1992 crashte Erik Comas beim Qualifying in Belgien schwer. Sein Ligier krachte in die Bande, der Franzose verlor das Bewusstsein, blieb mit dem Fuß aber auf dem Gaspedal, wodurch die Gefahr einer großen Explosion bestand.
Senna, der kurz hinter Comas fuhr, erkannte die Situation und hielt auf der Strecke an. Während andere Piloten an ihm vorbeirauschten, eilte er dem Piloten zur Hilfe und rettete ihm so mutmaßlich das Leben.
Es erinnerte an die Szene vor 30 Jahren, als George Russell am Sonntag durch das Kiesbett nach Turn 1 stürmte. Denn: Das Rennen in Silverstone begann mit einem Horror-Crash. Nach einer Berührung mit Pierre Gasly touchierte Russell den Alfa Romeo von Guanyu Zhou am rechten Hinterrad.
Der Bolide des 23 Jahren alten Chinesen kippte bei voller Fahrt und rauschte kopfüber ins Kiesbett, flog daraufhin in den Fangzaun und grub sich zwischen Reifenstapel und Zuschauerbegrenzung ein.
Russell verfolgte den Unfall aus nächster Nähe, stieg aus und rannte sofort zum Wrack von Zhou. Wie Fotos der Szene dokumentieren, schaute er nach dem Chinesen, stand auf dem Reifenstapel und rief Unterstützung herbei.
"Das war ein schrecklicher Unfall", sagte der 24 Jahre alte Brite nach seinem Aus bei "Sky" und beschrieb: "Ich bin aus dem Auto ausgestiegen, um Zhou zu helfen."
Für Russell, der trotz einer Beschädigung wohl hätte weiterfahren können, war das Rennen damit beendet. "Als ich wieder zurückkam, war das Auto schon aufgeladen." Auch Diskussionen mit den Marshalls und der Rennleitung blieben ergebnislos. "Ich bin natürlich enttäuscht, dass das Rennen auf diese Weise endet, es tut mir leid für die Fans und das Team", schrieb Russell bei Twitter.
Die Folge: Russell konnte nur noch aus der Boxengasse mitverfolgen, wie Rekordweltmeister Lewis Hamilton im Mercedes zeigte, wozu der Silberpfeil in Großbritannien im Stande war.
Der 37 Jahre alte Brite fuhr ein sensationelles Rennen, kämpfte zeitweise gegen die überlegenen Ferrari um den Sieg und erreichte schließlich vor einem euphorischen Publikum das Podest in Silverstone. "Er ist in einer eigenen Liga", adelte ihn Toto Wolff nach dem Grand Prix.
Sportlich war Hamilton bei seinem Heimspiel zweifelsohne der beste Fahrer, unterstrich seine starke Performance mit der schnellsten Rennrunde. Nur einer war an diesem Sonntag noch größer als Hamilton.
Unter seinem Post wurde Russell zu Recht als "Held des Tages" gefeiert.
Dennoch stellte er seine Tat nicht in den Vordergrund: "Das Wichtigste ist, dass es Zhou gut geht", schrieb der 24-Jährige und bedankte sich bei den Marshalls und den Medizinern für ihre schnelle Reaktion.
Sportlich fehlen Russell noch drei Weltmeisterschaften und 41 Siege zu Ayrton Senna. Menschlich steht er seit dem Großen Preis von Silverstone mit dem Brasilianer auf einer Stufe.
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George Russell eilte beim Rennen in Silverstone sofort zu Guanyu Zhou

Fotocredit: Getty Images

2. Ein Hoch auf das Halo-System

Als die Formel 1 2017 beschloss, mit dem Halo-System, einem Bügel oberhalb des Cockpits, eine neue Sicherheitsmaßnahme in die Königsklasse einzuführen, war die Kritik groß - besonders aus dem Fahrerlager. Max Verstappen sah den Fahrspaß in Gefahr, Kevin Magnussen kritisierte "das Ding vor der Nase" und Romain Grosjean nannte die Einführung sogar "einen traurigen Tag für die Formel 1".
Inzwischen hat sich das System mehr als bewährt - und zwar nicht nur ein Mal: Ausgerechnet Grosjean rettete der Bügel beim Sakhir-Grand-Prix 2020 das Leben, als er mit über 50G eine Leitplanke durchbohrte.
Und auch in Silverstone zeigte sich abermals, wieso die Einführung des Halo die einzig richtige Entscheidung war - und das gleich zwei Mal.
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Guanyu Zhou überstand in Silverstone einen heftigen Crash unbeschadet

Fotocredit: Imago

Nach seinem Horror-Crash schrieb Guanyu Zhou bei Twitter: "Das Halo hat mich heute gerettet." Und auch Max Verstappen, 2017 noch kritisch wegen der Einführung, erklärte am Mikrofon bei "Sky": "Ohne Halo wäre er nicht mehr da."
Schon am Vormittag hatte das Halo-System ein Desaster verhindert. Im Rennen der Formel 2 kollidierten die Nachwuchs-Piloten Roy Nissany und Dennis Hauger. Der Norweger fuhr über einen hohen Kerb, der sein Auto aushob. Das Prema-Fahrzeug flog in Richtung des Kopfes von Nissany und wurde nur durch das Halo abgewehrt.
Einen ähnlichen Unfall hatten die WM-Rivalen Max Verstappen und Lewis Hamilton im vergangenen Jahr in Monza erlebt. Wie damals verließen auch nun in Silverstone beide Fahrer die Kollision unverletzt. Und auch Zhou kam trotz des Horror-Unfalls, den Mercedes-Teamchef Toto Wolff als "einen der spektakulärsten Crashs der letzten Jahre" bezeichnete, ohne schwere Verletzungen davon.
"Ich bin in Ordnung, alles klar", meldete Zhou nach dem Rennen. Ein Hoch auf das Halo-System!

3. Schumacher bricht endlich den Bann

Nach dem Rennen holte er sich im Parc Fermes eine dicke Umarmung von Kumpel Sebastian Vettel ab. Und die hatte sich Mick Schumacher in den 52 Runden zuvor beim Grand Prix von Silverstone redlich verdient. Denn: Im 31. Rennen seiner Formel-1-Karriere platzte endlich der Knoten.
Der 23-Jährige manövrierte seinen Haas von Startplatz 19 auf Rang acht und sammelte die ersten Punkte seiner Karriere in der Königsklasse. Ein Husarenritt.
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Vettel nimmt Mick Schumacher in Schutz: "Man muss ihm Zeit geben"

Teamchef und Dauerkritiker Günther Steiner, der den Deutschen in den vergangenen Wochen immer wieder angezählt hatte, meldete sich nach dem Rennen überschwänglich am Teamradio: "Fantastischer Job. Danke. Fantastischer Job!"
Noch zu Beginn des Wochenendes in Großbritannien hatte Günther Steiner nach Schumachers starker Leistung in Montreal vor zwei Wochen, die wegen eines Defekts am Haas unbelohnt blieb, gesagt: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer."
Doch nur 14 Tage nach der bitteren Enttäuschung in Kanada ließ Schumacher auf der Traditionsstrecke in Großbritannien sogleich die nächste Top-Performance folgen. "Es hat ja auch sehr lange gedauert", scherzte der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher in Bezug auf seine ersten vier WM-Punkte.
Selbst Rang sieben wäre noch möglich gewesen. In der Schlussphase des Rennens lieferte sich Schumacher ein spektakuläres Duell mit Weltmeister Verstappen. Am Ende setzte sich der Niederländer im überlegenen Red Bull durch.
Doch der 24-Jährige lobte seinen deutschen Konkurrenten: "Die letzten drei Runden waren cool. Mick hat alles gegeben für den siebten Platz. Es hat Spaß gemacht."
Anders als beim Grand Prix in Miami, als Schumacher kurz vor Schluss mit Aston-Martin-Pilot Vettel zusammenstieß und so die erste Top-Ten-Platzierung seiner Karriere verschenkte, brachte er den Haas auf dem Silverstone Circuit sicher ins Ziel. "Es war ein fehlerloses Rennen", analysierte Schumacher bei "Sky".
Vor Lob und Umarmungen dürfte er sich am Sonntagabend also kaum retten können. Und auch die Champagnerdusche, die normalerweise den besten drei Fahrern vorbehalten ist, holte sich Schumacher während des Interviews von einem Fan ab.
Mutter Corinna meldete sich wie Steiner nach dem Rennen über den Boxenfunk und war "mega stolz" über die ersten Zähler ihres Sohnes. "Ich freue mich, dass wir heute zusammen feiern können", sagte Mick Schumacher. Zu Recht. Es hat ja auch sehr lange gedauert.
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Mick Schumacher jagte in den letzten Runden Max Verstappen

Fotocredit: Getty Images

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Wachablösung? Vettel: "Wenn man uns die richtigen Mittel gibt..."

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