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EM - Dolberg lässt Dänemark vom großen Coup träumen: Mehr als ein Geheimfavorit

Jonas Klinke

Update 27/06/2021 um 14:21 GMT+2 Uhr

Die dänische Nationalmannschaft ist am Samstag nach einem beeindruckenden 4:0-Erfolg gegen Wales ins EM-Viertelfinale eingezogen. Herausragender Akteur war Stürmer Kasper Dolberg, der gleich doppelt traf. Aber nicht nur offensiv, auch defensiv wussten die Dänen zu überzeugen. Vor allem aufgrund der mannschaftlichen Geschlossenheit ist den Skandinaviern noch viel zuzutrauen.

Kasper Dolberg

Fotocredit: Getty Images

Europameister der Herzen sind sie schon, nun schicken sich die Dänen bei dieser EM an, auch sportlich nach etwas Großem zu greifen: Nach einem beeindruckenden 4:0 (1:0)-Erfolg gegen Wales in Amsterdam steht Dänemark im Viertelfinale der EURO 2020. Es ist die erste Viertelfinal-Teilnahme für die Skandinavier seit 2004.
Die EM, die mit dem Drama um Christian Eriksen im ersten Spiel gegen Finnland so schrecklich begann, entwickelt sich immer mehr zu einem rot-weißen Märchen.
Maßgeblichen Anteil an der Fortsetzung dieser jetzt schon unglaublichen Geschichte hatte am Samstag Kasper Dolberg. Der 23-Jährige legte mit seinen beiden Treffern in der 27. und 48. Minute den Grundstein für den Einzug in die Runde der letzten acht.
Dabei war Dolberg überhaupt erst kurzfristig in die Startelf gerückt. Eigentlich sollte wie schon in den vorangegangenen drei Spielen Yussuf Poulsen, der bei diesem Turnier schon zwei Treffer erzielte, als Mittelstürmer agieren. Doch der Leipziger fiel verletzungsbedingt kurzfristig aus und zwang Nationaltrainer Kasper Hjulmand zu einer Umstellung. Der 49-Jährige entschied sich für Dolberg, der das Vertrauen mit einem sehenswerten Führungstreffer von der Strafraumgrenze und einem Tor aus kurzer Distanz dankte.

Dolberg: "Ist der totale Wahnsinn"

Nach dem Spiel sagte der Doppelpacker beim dänischen Sender "DR" zu seinem glänzenden Arbeitstag: "Es ist völlig verrückt. Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich mich fühle. Das ist der totale Wahnsinn. Es ist surreal. Hier hat alles für mich angefangen, und wieder hier in dieser Umgebung zu spielen, ist Wahnsinn."
Dolberg wechselte 2015 aus Silkeborg in die U19 von Ajax und stieg dort zum Profi auf. Nach insgesamt vier Jahren in Amsterdam, in denen er einmal Meister und Pokalsieger wurde, wechselte er 2019 nach Nizza.
Sein Trainer hatte bei seiner Entscheidung, Dolberg als Poulsen-Ersatz für die Startelf zu nominieren, offenbar auch auf den Amsterdam-Faktor gesetzt. "Es musste so enden, dass er an seiner alten Heimstätte trifft. Ich hatte bei ihm ein gutes Gefühl und er war fantastisch", lobte ein überglücklicher Hjulmand den Torschützen.
Aber nicht nur Dolberg, der völlig verdient zum "Man of the Match" gewählt wurde, wusste zu überzeugen. Die gesamte Mannschaft zeigte ein hervorragendes Spiel. In der Defensive ließen sie die Waliser nur einmal aufs Tor schießen. Die beste Chance hatte Superstar Gareth Bale in der zehnten Minute, sein Schuss aus gut 20 Metern ging jedoch knapp am Kasten von Kasper Schmeichel vorbei. Zwei Minuten später kam er erneut zum Abschluss. Danach hatte Bale aber nicht mehr viel zu melden.

Hjulmand: "Die Jungs sind wahre Krieger"

Im Anschluss übernahmen die Skandinavier immer mehr die Spielkontrolle und gingen schließlich durch Dolberg in der 27. Minute verdient in Führung. Zudem standen sie ab Mitte der ersten Halbzeit defensiv sicher.
Hjulmand: "Es ist unglaublich, dass das tatsächlich Realität ist. Ich bewundere die Jungs und die Tatsache, dass wir immer weiter kämpfen. Egal wer auf dem Platz steht, sie spielen hervorragend. Die Jungs sind wahre Krieger."
Und faire noch dazu: Die Dänen kassierten im gesamten Spiel keine Verwarnung. Dagegen musste der deutsche Schiedsrichter Daniel Siebert bei den Walisern viermal Gelb und kurz vor Schluss gar Rot gegen Harry Wilson verhängen.
Nachdem Dolberg vorgelegt hatte, schraubten in den letzten Minuten dann Joakim Maehle (88.) und Martin Braithwaite (90.+4) das Ergebnis noch auf 4:0. Es war damit das zweite Spiel in Folge, in dem die Dänen vier Treffer erzielten. Schon am letzten Gruppenspieltag schlugen sie beim 4:1 gegen Russland mehrmals zu und schoben sich damit trotz null Punkten aus den ersten beiden Gruppenspielen noch auf Platz zwei.
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Dänemarks Nationaltrainer Kasper Hjulmand herzt Kasper Dolberg nach seiner Auswechslung

Fotocredit: Getty Images

Dänemark sorgt sich um Kapitän Kjaer

Und noch aus einem weiteren Grund waren die vier Treffer gegen Wales bemerkenswert: In der Gruppenphase kassierte der EM-Halbfinalist von 2016 nur zwei Gegentore. Nur drei Teams mussten in der Vorrunde weniger Treffer hinnehmen. Gegen die dänische Offensive waren Torwart Danny Ward und speziell seine Vorderleute jedoch weitesgehend machtlos. Und hätte Ward nicht mehrmals glänzend pariert, hätte die Niederlage noch höher ausfallen können.
Während Bale und Co. nun also die Heimreise antreten müssen, darf Dänemark weiter vom großen Coup träumen.
Diese Hoffnungen könnten in den nächsten Tagen jedoch einen herben Dämpfer bekommen. Denn bei allem Jubel über den 4:0-Kantersieg, gab es auch eine Schrecksekunde: Kapitän Simon Kjaer ging in der 77. Minute zu Boden und wurde anschließend verletzt ausgewechselt. Laut "Calciomercato" musste er wegen Muskelproblemen den Platz verlassen.
Kjaer ist der emotionale Anführer bei den Dänen. Dies wurde auch beim Drama um Eriksen gegen Finnland sichtbar. Der 32-Jährige erfasste nach dem Kollaps seines Teamkollegen die Situation als einer der ersten und bildete mit seinen Mitspielern einen Sichtschutz um ihren mit dem Leben ringenden Mittelfeld-Regisseur. Anschließend tröstete er am Spielfeldrand Eriksens völlig aufgelöste Freundin. Mit seinem umsichtigen Handeln stieg Kjaer zum heimlichen Helden von Kopenhagen auf.
Eine genaue Diagnose steht noch aus, sollte Kjaer jedoch im Viertelfinale ausfallen, wäre das nicht nur sportlich ein herber Rückschlag für den Europameister von 1992.

Dänemarks Viertelfinalgegner heißt Niederlande oder Tschechien

Dänemarks Gegner in der Runde der letzten acht wird am Sonntag in Budapest ermittelt. Dort treffen die Niederlande und Tschechien aufeinander.
Glaubt man Joakim Maehle, der gegen Wales bereits seinen zweiten Turniertreffer erzielte, dann bereitet aber keine der beiden Nationen den Dänen Angst. Im Gegenteil: "Das Selbstvertrauen und den Mut, den wir mitbringen, müssen wir noch weiter ausbauen. Wir machen uns keine Sorgen, auf wen wir treffen werden. Wir konzentrieren uns auf uns selbst und unsere Qualitäten."
Welche das sind, haben sie am Samstag eindrucksvoll gezeigt.
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